„Hörst du die Stille?“, ich halte mir eine Hand ans Ohr und lausche gespannt: „Sie rauscht. Als ob man sich eine Muschel ans Ohr halten würde.“
Crowley beäugte mich belustigt: „Du weißt schon, dass das ein unterirdischer Fluss ist?“ fragte er, sog an seiner Pfeife und stieß weiße Rauch-Sterne aus. Der Schein des Lagerfeuers tanzte durch sein Gesicht, dann kicherte er: „Und es wird nicht mehr lange so still bleiben.“
Ich sah ihn erstaunt an: „Was meinst...“, doch der Rest meiner Frage ging in einem grässlichem Brüllen unter, das drei Eigenschaften aufwies: Zunächst beantwortete es meine Frage, dann hallte es beinahe ohrenbetäubend von den Wänden der steinernen Schlucht wider, die sich zu beiden Seiten gut dreihundert Meter hoch auf türmte und schließlich...
Ich sprang auf und rannte meinerseits schreiend in die Richtung, in die das Echo verebbte, während Crowley seelenruhig sitzen blieb und an seiner Pfeife sog. Ich war schon einige Meter schreiend und wild mit den Armen fuchtelnd geflohen, bis er mir hinterher rief: „Bleib stehen, du Narr!“
Seine Stimme klang so gelangweilt, dass meine Gliedmaßen seiner Forderung unverzüglich Folge leisteten, bevor mein Gehirn realisierte wieso. Verdutzt drehte ich mich um. Er saß noch immer im Lotossitz vor dem Lagerfeuer wie zuvor, nur dass er jetzt seine Pfeife auf einem der Steine ausklopfte, die das Feuer umrundeten.
Erneut rannte das schreckliche Brüllen durch die Schlucht, sprang von Seite zu Seite und als es über mich hinweg wogte, konnte ich seine Vibration in den Knochen spüren. Nur ein gigantischer Gegner konnte solche Schallwellen erzeugen! Bei der Sternengöttin Nuit wie konnte Crowley bei solch einer Bedrohung seelenruhig sitzen bleiben? Klar er war ein wahrhaft meisterlicher Magier, doch eine drohende Gefahr derart zu ignorieren, war verrückt und kindisch und… Auch das passte zu ihm.
Ich musterte ihn. Doch er grinste nur und deutete mit dem Winken seines Zeigefingers an, dass ich zurück kommen sollte. Ich machte aus Reflex einen Schritt auf ihn zu und als hätte ich damit einen verborgenen Schalter aktiviert, ertönte erneut das Gebrüll und ließ mich zusammenfahren.
Mit halb zu gekniffenen Augen versuchte ich die Dunkelheit hinter dem Magier zu zerteilen, den uns bedrohenden Gegner auszumachen und mich gleichzeitig für einen Kampf zu wappnen. In Gedanken ging ich die Liste der Zaubersprüche durch, die ich diesem gigantischem Gegner entgegen schleudern würde: Den doppelten darziwinischen Donnergrummler, den flüssigen Fluch der verzweifelten Witwe, die wirren Weben des spinnenden Sportlers und wenn das alles noch nicht reichen würde, dann würde ich...
Crowley fiel schallend lachend auf den Rücken und schlug mit der flachen Hand mehrfach auf den Boden. Staub wirbelte auf und tanzte durch den Feuerschein wie Feenstaub.
Erst jetzt bemerkte ich, dass ich in Kampfstellung stand: das linke Bein und den linken Arm vor, die rechte Hand auf gleicher Höhe vor der Brust. Und wahrscheinlich hatte ich die ganze Zeit Schattenzaubern betrieben.
Crowley setzte sich wieder auf, immer noch halb kichernd, halb nach Luft japsend und sich die Tränen von den Wangen wischend, erwiderte er: „Du hättest dich sehen sollen!“
Jetzt verlor ich endgültig die Fassung über seine Ignoranz, stemmte die Hände in die Hüfte und schrie ihn an: „Wenigstens unternehme ich etwas, um uns vor der Bedrohung zu schützen!“
Der Magier sah mich eindringlich an, die blaue Manaflamme in seiner Iris tanzte seicht hin und her. Wie zu meiner Unterstützung erklang erneut das Mark erschütternde Gebrüll, diesmal jedoch um einiges näher und ich sprang einen Meter zurück, schrie: „Bist du taub?“, und fuchtelte mit der rechten Hand in die Richtung des Geräusches.
Crowley seufzte. Er saß wieder im Lotossitz und begann seine Pfeife zu stopfen: „Ich höre und sehe sehr gut wie du überreagierst.“
„Überreagieren?", ich stampfte mit dem Fuß auf den Boden: „ÜBERREAGIEREN?!“, spuckte das Wort förmlich aus: „Da kommt jeden Moment ein riesiges Monster, um uns zu zerquetschen und du...“, ich kochte vor Wut: „Du..!“, wurde jedoch durch ein: „Oh! Hey, Kumpels!“ unterbrochen, das von einem Wesen kam, das mir kaum bis zum Knie reichte.
Meine Kinnlade fiel wie abgebrochen auf meine Brust. Hinter Crowley flog eine pummelige Mischung aus Zwerg und Fee mit Vollbart und Latzhose lässig aus der Dunkelheit, eine Axt über die Schulter geschwungen, auf den Rest unseres Lagerfeuers zu.
"Hallo, Holla", sagte Crowley ohne sich zu ihm um zu drehen: „Schön, dass du dich zu uns gesellst. Setz dich. Möchtest du ein Met?“
Die Augen der Waldfee leuchteten und er beschleunigte seinen Flug, ließ sich neben den Magier auf den Boden plumpsen, Glitzer wirbelte auf, während ich immer noch mit offenem Mund paralysiert da stand.
Schließlich löste sich ein: „Du..?“, aus meiner Kehle.
Holla blickte den Zauberer mit einem Hat-der-noch-alle-Rubine-in-der-Mine Blick an, doch Crowley zuckte nur mit den Schultern und sog an seiner Pfeife.
„Ja, ich. Holla, die Waldfee. Du kennst mich doch noch?“
Ich stammelte: „Nein... Ja... Doch, aber...“
Hollas Blick wurde besorgt: „Ist der krank?“
„Nun setz dich schon wieder hin!“, der Magier klang langsam genervt und mein Körper wurde wie von Zauberhand sanft zu ihnen hin gezogen und hinab in eine sitzende Position gedrückt.
Crowley stellte drei Nussbaumschalen zum an wärmen auf die Steine am Lagerfeuer und legte bei der Gelegenheit noch Holz nach, das Funken stobend und Hitze verbreitend um sein Leben kämpfte.
Ich knüpfte an meinen Gesprächsfaden an: „Aber...“, kratzte mich unsicher am Arm: „Warst du das mit dem Gebrüll?“
Die Waldfee fuhr sich sichtbar stolz durch den braunen Bart: „Och das...“, und klopfte sich anschließend auf den stattlichen Bauch: „Ich mag halt wie das Echo hier hallt und es hält die Feinde fern. Verstehst Du?“
Ich verstand, dass es in meiner Magengegend wieder zu brodeln begann und das musste Crowley gemerkt haben, denn er griff eilig nach den Nussbaumbechern: „Lasst uns auf unsere Zusammenkunft anstoßen“, mit einer synchronen Bewegung zauberte er hinter seinem Rücken eine große Feldflasche hervor und goss das Met in die Becher.
Holla leckte sich über die Lippen und griff gierig danach, murmelte: „Es ist mir immer ein Vergnügen dich zu treffen, Magier.“
Zwei hoch über die Köpfe gehaltene braune Schalen, die im Feuerschein schimmerten. Ich hob meine zögernd dazu.
„Auf Nuit, die Sternengöttin!“, verkündete Crowley.
„Auf Nuit“, brummte auch die Waldfee, obwohl er nur Edelsteine und -metalle verehrte.
„Auf Nu...“, stimmte ich mit an, doch der Rest meines Toast wurde von schrillen Schreien zerschnitten, als sich vier Schattenwesen in die Schlucht auf uns zu stürzten.
Von Schein und Sein weiterlesen Archiv der Kategorie: Kurzgeschichten
Tentakel
Eine kalte, schleimige Tentakel klatscht auf meinen Unterarm und ich schlage laut nach Luft japsend die Augen auf!
Das Bild eines Ertrinkenden, der nur knapp dem Tod entkommend, die Wasseroberfläche durchbricht, schwappt durch meine Gedanken.
Aus Reflex betaste ich meinen Arm – weder Tentakel noch Schleim -, während das Echo eines blubbernden „Hil..Hiiilfee“-Schreis verhallt (als wäre noch jemand kurz davor zu ertrinken).
Erschrocken schaue ich mich in der Dunkelheit des Raums um. Graue Luftblasen steigen vor meinen geistigen Augen zur Zimmerdecke empor, doch physikalisch können sie nicht existieren, weswegen ich sie als Nachwirkungen des Albtraums abtue und zur Seite schiebe.
Mein Mund ist trocken, schmeckt fast wie nasser Sand und mein Herz klopft immer noch wild in meiner Brust.
Gedanken versunken reibe ich unentwegt über den Arm, doch das glitschige Gefühl bleibt, genauso wie der leicht algige Geruch in meiner Nase.
Ich schüttele den Kopf, schlage mit der flachen Hand gegen meine Stirn. Alles nur Einbildung aufgrund eines sehr realistischen Albtraums, dessen Effekt rasch verschwinden wird. Zur Beruhigung meiner Nerven schalte ich eine der Klemmlampen an, dann noch eine und als auch das nicht weiter beruhigend wirkt, drücke ich noch den An-Knopf meiner Videospiel-Konsole. Der Fernseher strahlt ein buntes Bild eines bekannten Jump-n-Run-Spiels aus.
Doch ich denke immer noch an diesen Traum. Er war schon sehr seltsam gewesen. Und wirklich sehr realistisch…
Soweit ich mich erinnern kann. Doch je mehr ich mich versuche zu erinnern, desto schneller werden die Szenen in meinem Kopf in dichten, weißen Nebel des Vergessens gehüllt. Einerseits beruhigt es mich. Anfangs zumindest. Bestätigt es doch die Theorie, dass alles nur vernachlässigbare Einbildung war und ich mir keine Sorgen zu machen brauche.
Sich keine Sorgen machen, ist sozusagen mein Mantra. Die Welt ist gut so wie sie ist. Und solange man lernte sie zu akzeptieren, konnte einem kein Unheil geschehen. Oder zumindest nichts unrechtes.
Doch eigentlich wusste ich, dass diese Weltsicht naiv war, schon bevor diese Hand plötzlich aus meinem Fußboden empor schnellte.
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Ein Leben gegen die Schatten
An den Schatten eines Baums lehnend, blinzele ich dem nahenden Sonnenaufgang entgegen, bewundere seine tanzende Eleganz und fürchte seine Tod bringenden Strahlen.
Der neue Tag kommt immer näher und lässt mich immer weiter in den Wald zurück weichen.
Wie gerne würde ich einen Tag auf einer offenen Wiese erleben!
Doch das wäre mein Ende. Schon ein einziger Sonnenstrahl würde mich zu Staub verbrennen. Und so weiche ich weiter weg in die Dunkelheit, die mein ganzes Leben umgibt.
Ich bin ein Geschöpf der Nacht. Die Menschen fürchten mich. Selbst wenn sie mein Gesicht im Sonnenlicht erblickten würden, bevor es zu Staub zerfällt, würden sie wahrscheinlich schreiend davon rennen.
Ich bin ein Ausgestossener meiner selbst. Niemand von meiner Rasse sieht in der Sonne etwas anderes als den Todbringer. Sie halten mich für geistesgestört, verrückt und Selbstmord gefährdet. Über letzteres würden sich wahrscheinlich nicht wenige freuen.
Und ich selbst habe schon einige Male darüber nachgedacht.
Es wäre nur ein Schritt. Ein Schritt in den Sonnenschein…
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Verwandlung
Der Vollmond glänzt silbern. Sein Widerschein auf dem See wird von
seichten Wellen verzerrt und glitzert wie Bergkristall.
Das Wasser fühlt sich erfrischend kühl an, als ich die Füsse eintauche und sie vor und zurück bewege. Fast wie im Urlaub.
Der Selbstbetrugsversuch wirkt eine Weile lang, Ein Lächeln umspielt meine Lippen und ich geniesse die Stille in dem verlassenen Schwimmbad am See; nur das leise Plätschern der Wellen, wenn sie gegen die Betonmauer branden, ist zu hören und ich stelle mir Palmen im Sonnenuntergang vor.
Ich komme in solchen Nächten gern hier her. Es beruhigt mich. Hier kann ich niemandem schaden, wenn es passiert. Und hier draussen – so hoffe ich zumindest – hört mich auch niemand schreien.
Der Mond tanzt heute besonders schön auf der Wasseroberfläche und ich beginne schon fast zu vergessen, weswegen ich hierhin gekommen bin, beginne fast den Augenblick zu geniessen, doch die Realität belehrt mich eines besseren. Eine kalte Hand umklammert plötzlich mein Herz und ich sehe reflexartig auf die Uhr.
23:47.
Noch 13 Minuten bis es passiert.
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Neulich in Meiringen
Ich war gerade in Meiringen, folgte den Fussstapfen von Sherlock Holmes – zumindest tagsüber. Jetzt abends sass ich an dem Birkenholztisch in meinem Hotelzimmer, nippte Jack Daniels aus einem Plastikbecher und tippte jene Zeilen, als es plötzlich an meine Zimmertür klopfte.
Ich zuckte zusammen, legte die Stirn in Falten und trank noch einen Schluck – nur für den Fall der Fälle. An der Tür angekommen, versuchte ich energisch zu fragen: „Wer ist da?“, was mir jedoch nur halb gelang.
Es klopfte wieder – diesmal eindringlicher – und eine gebrochen klingende, weibliche Stimme drang durch das Holz: „Bitte… Sie müssen mir helfen! Bitte… Lassen sie mich rein.“
Verdutzt öffnete ich die Tür.
Sie stand, ein blutiges Messer in der Hand, zitternd dar, auch ihre weisse Bluse war blutbefleckt nur die schwarze Krawatte schien nichts abbekommen zu haben.
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Biss zum letzten Schluck
Blut rann meine Mundwinkel hinab. Ich genoss es wie einen drei-fachen Orgasmus. Meine Pupillen wurden Stecknadel klein, dann gross wie zehn Cent Stücke und meine Ohren waren erfüllt vom Rauschen des Blutes, während mein aktuelles Opfer, irgendeine Brünette, die ich vorhin in einer Bar kennen gelernt hatte, unter mir zuckte und um ihr erbärmliches Leben jammerte und schrie.
Ihre Schreie schickten ekstatische Wellen über meine Ohren durch meinen ganzen Körper, als stünde ich unter Strom.
Jeder Schluck, jedes Saugen schickte Blitze von Energie durch meine Muskeln. Es fühlte sich an, als würden sie bis zum zerbersten anschwillen und jeder weitere Schluck ließ mich um Dekaden jünger werden.
Ich fühlte mich grossartig, betäubt, wahnsinnig kraftvoll, wie der Herrscher der Welt und berauscht zugleich.
Ein Gefühl, das nur der Genuss der Essenz des Lebens zu offenbaren mag!
Ein weiterer Schluck ihres Blutes rann warm meine Kehle hinab.
Doch dennoch war da dieser Splitter in meinem Kopf.
Immer noch.
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Nebel kennt keine Grenzen
Ich sehe es kommen.
Das Auto.
In meiner Erinnerung fährt es immer in Zeitlupe.
Quälend langsam.
Ich versuche zu schreien, sie zu warnen.
Doch es kommt kein Ton heraus. Nur hoffnungsloses Krächzen.
Es ist aus.
Alles.
Nacht für Nacht.
Immer wieder und wieder träume ich von diesem einzigen Augenblick.
Keine zehn Sekunden.
Und dennoch bestimmen sie mein ganzes Leben.
Nein.
Sie haben es zerstört!
Schreiend werfe ich im Schlaf den Kopf herum, hin und her, hin und her, hin und her.
In Gedanken taucht ihr Gesicht auf. Ihre Augen. Ihr Lächeln. Ihr Mund.
Wärme durchflutet mich, steigt in mir auf, wie ein freundliches Feuer.
Kurz bevor es geschah, drehte sie sich auf dem Fahrrad noch zu mir um.
Ich werde nie ihren Blick vergessen. Er hat sich in meine Seele gebrannt.
Wir wollten picknicken am See. Nur picknicken…
Eine Träne, eine weitere. Ich weine im Schlaf ohne es zu realisieren.
Dann kam das Auto.
Es schoss um die Ecke. Quietschende Reifen.
Ein Jugendlicher in einem geliehenen Sportwagen. Kam von der Spur ab… Seine Freundin saß neben ihm, als er meine überfuhr.
Er hatte nicht einmal Zeit zu bremsen.
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Deal in der Wüste
Diesen Teil meines Jobs hasste ich. Ich meine das Warten in der Wüste.
Mir lief der Schweiß das Gesicht herunter und auch überall sonst, sogar von meinen Eiern tropfte es. Es war so gottverdammt heiß, dass ich das Gefühl hatte mir würde gleich das Gehirn aus der Nase laufen.
Ich blickte in den Sand sonst gab es hier außer ein paar Felsen und Kakteen nur verkümmerte Sträucher und sich in der Ferne verlierende Berge zu beobachten – abgesehen von einem Skorpion, der sich langsam in den Sand ein grub. Es wirkte wie eine sehr mühselige Beschäftigung, doch er konnte wenigstens etwas tun und kam seinem Ziel mit jedem Schaufelschlag ein wenig näher.
Nicht so wie ich.
Ich konnte nur warten und hoffen.
Habe ich schon erwähnt, dass ich diesen Teil meines Jobs hasste?
Zähneknirschend spülte ich den Gedanken mit einem halben Liter Wasser aus meinem Verstand und konzentrierte mich wieder auf den Skorpion.
Seine Arbeit schien er emotionslos zu verrichten – genau wie ich.
Die Hitze ließ die Luft flimmern wie die Übertragung eines beschissenen Fernsehprogramms aus dem letzten Jahrtausend, als sie noch analog gesendet hatten ohne Full HD und man eine Antenne brauchte und Regen den Empfang stören konnte. So was gab es heutzutage nur noch in Mexiko und wer weiß vielleicht in Europa.
Das Auto, das sich auf der entfernten Interstate näherte, schien einen flackernden Feuerschweif hinter sich her zu ziehen. Ein Komet, der irgendwo einschlagen würde.
Aber es war kein Maserati und darum mir scheiß egal.
Der Skorpion verschwand mit zuckendem Schwanz im Sand und ich hätte es ihm nur zu gern gleich getan. Deal in der Wüste weiterlesen
Die roten Rächer
Rot für viele nur eine Farbe, für manch andere ein Symbol für Liebe, Leidenschaft, Lust und Mord. Und für mich? Der Sinn meines Lebens auch wenn ich dafür ziemlich oft blau sehe. Blaues, blinkendes Licht, wie es jetzt über die dunklen Kopfsteinpflaster und die antiken Häuserfronten des Marktplatzes jagt, in der Hoffnung mich aufzuscheuchen wie eine kleine, verschreckte Maus.
„Er ist hier drüben lang gelaufen!“ brüllt eine bedrohlich klingende Stimme dicht neben mir und ich drücke meinen Körper noch fester an den großen Müllcontainer, um mit ihm und der Nacht zu verschmelzen. Der kreisförmige Strahl einer Taschenlampe huscht nur wenige Zentimeter an meinen Füssen vorbei. Ich kann das Leder seiner Uniform riechen, es leise knarzen hören und packe zu. Flinke Finger fesseln ihn geschwind und als seine Kollegen ihn keine zwei Minuten später finden, ist er in ein dickes, rotes Seil gewickelt.
„Mhmmpf!“ knurrt er durch das rote Tuch in seinem Mund, von dem ihn ein Kollege befreit, ein anderer hebt den Bekennerbrief auf, der in seinem Schoß liegt. Schwarze Schrift auf dunkelrotem Papier, das sich in der Hand sanft anfühlt wie Samt:
„An unsere Unterdrücker und Überwacher,
wir, das Volk, wurden frei geboren und wollen nicht länger in Euren Ketten leben. Ihr lebt nur für Profitmaximierung und um Eure endlose Gier zu befriedigen und dafür zerstört Ihr unsere Welt, unsere Zukunft und unser Leben. Ihr behandelt uns wie Vieh, unmündig und dumm, und ihr denkt, dass wir uns das gefallen lassen.
Ihr irrt Euch! Wir sind viele. Für die Freiheit!“
Der Papiertütenjunge
„Halt! Haltet den Dieb!“, der Verkäufer kam Fäuste schüttelnd aus dem Laden gerannt, „Wieso hält denn niemand diesen Bengel auf?“
Doch der Bengel war einfach zu schnell.
Ein Passant versuchte mich zu packen. Ich täuschte links an und sprang rechts an ihm vorbei. Mein Sportlehrer wäre stolz gewesen, aber der Verkäufer knallte nur seine Mütze auf den Gehsteig und fluchte: „Das ist schon das zweite Mal diese Woche!“
Ich rannte weiter, bis ich Seitenstechen bekam und selbst dann rannte ich immer noch. Erst hinter der Bibliothek fühlte ich mich sicher und ließ mich auf den Boden fallen.
Mein Herz hämmerte und mein Magen tat weh vor Hunger. Ich hatte seit zwei Tagen kaum etwas gegessen. Eigentlich hätte ich in der Schule sein müssen und danach im Waisenhaus, doch ich hatte auf beides keinen Bock. Im Waisenhaus gab es zwar Essen, aber auch Schläge und man durfte nie tun, was man wollte, wie in der Schule. Deshalb lebte ich lieber allein so gut es eben ging.